Bali Board - Einzelnen Beitrag anzeigen - Touristisches "aus" für Bali ?
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Alt 20.07.2006, 11:59   #83
Flüsterer
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Flüsterer befindet sich auf einem aufstrebenden Ast
@all
Wie man sieht, hat das Thema viele Facetten. Allerdings läuft Toms Kostenvergleich m. E. ins Leere, weil die überwiegende Zahl der Balitouristen aus Europa klassische Pauschalreisende sind. Vergleicht man die Preise für 14 Tage Bali mit denen anderer Destinationen, ist der Unterschied nicht mehr so groß.

Ich möchte einen ganz anderen Aspekt ansprechen. Ich habe viele Jahre im Management deutscher Tourismusdestinationen gearbeitet und da haben wir uns intensiv mit den zukünftigen Entwicklungen des Tourismus beschäftigt. Eine Theorie ist da besonders interessant. In Zeiten immer rasanterer Globalisierung wächst in den Menschen das Bedürfnis nach Sicherheit, Nähe und Heimat. Das führt langfristig auch zu einem Wandel im Urlaubsverhalten. Reisen führen wieder mehr in die unmittelbare Umgebung, man bleibt häufiger im eigenen Land. Die Übernachtungszahlen in den klassischen deutschen Urlaubsregionen steigen im Moment wieder an, was für diese These spricht. Dazu kommt, dass die Billigflieger ein neues "Europagefühl" geschaffen haben. Man kann für wenig Geld die Nachbarländer entdecken (davon profitieren im Moment zum Beispiel die baltischen Staaten, die zuvor überhaupt nicht auf der Urlaubskarte der Deutschen waren und jetzt zweistellige Zuwachsraten haben.) Der Klimawandel tut sein übriges dazu. In den nächsten 20 Jahren bekommen wir in Deutschland mediterane Verhältnisse, warum dann noch verreisen?

Aber selbst wenn dies alles stimmt, spielt es für den Balitourismus kaum eine Rolle. Wirtschaftlich sind die Reiseströme aus Europa dazu viel zu gering. Der Tourismus auf Bali hängt in erster Linie an den Reisenden aus Australien - und die bleiben weg! Ist das so unverständlich? Wir sehen Bali und Indonesien hier natürlich durch eine rosarote Brille. Nüchtern betrachtet ist das Verhalten weiter Teile der indonesischen Administration und Gesellschaft gegenüber dem islamistischen Terror ein Skandal. Kann man da von der australischen Regierung erwarten, die strikte Reisewarnung zurückzunehmen?

Verschlimmert wird die ganze Situation durch ein haarsträubendes Tourismusmarketing in Indonesien. Man hat den Eindruck, dass hier die Entwicklung komplett verschlafen wird. Ich habe mich im Januar in Thailand mit einigen Tourismusmanagern unterhalten. Die TAT (thailändische Tourismusbehörde) fokussiert im Moment sehr stark auf den chinesischen Markt - mit großem Erfolg. Im Süden Thailands, vor allem in der Region um Krabi, sind ganze Hotels mit Chinesen vollgestopft gewesen. Die geben zwar als einzelne nicht so viel aus wie ein Europäer, aber die Masse macht es!
Die Thais sehen Indonesien touristisch überhaupt nicht als ernsthafte Konkurrenz an, das wurde in den Gesprächen klar. Sie sehen nur Malaysia in der gleichen Liga und glauben, dass in Zukunft Vietnam zu einem Top-Reiseziel entwickelt wird. Bei Indonesien schüttelten sie alle nur den Kopf. Da würde noch eher Myanmar zu einer Konkurrenz, wenn dort eine entsprechende Infrastruktur am Meer aufgebaut würde.

Also: Das Problem ist sehr vielschichtig und nichts ist so labil wie das Reiseverhalten von Menschen. Terrorimus, Erdbeben (selbst wenn sie 3000 Kilometer entfernt stattfinden) und Tsunamis sind für ein Reiseziel nicht gerade förderlich. Das Beispiel Thailand aber zeigt, dass es auch am Umgang mit solchen Katastrophen im Zielland liegt, ob sie einer Destination langfristig schaden oder nicht.

Gruß Matthias
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