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Alt 27.02.2006, 19:39   #1
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Besuch in "Death Valley"

Meine Hausangestellte, Ni Ketut (oder auch ?Tamara?) erzählte mir im Juni 2004, dass sie mit ihrem Mann allein in Sanur lebte. Ihr 12jähriger Sohn sei bei den Eltern des Mannes im Nord-Osten Balis untergebracht und besuche auch dort die Schule. Er hätte gewollt, dort leben zu können.

Auf meinen Einwand, dass Kinder zu den Eltern gehörten und in dem Alter wohl nicht das Wahlrecht hätten, wo sie leben könnten, kam nur ein Achselzucken. Sie erzählte mir dann, dass sie ihren Sohn sehr liebte, und unter der Trennung sehr litt. Sie sähe ihn nur 2 ? 3 mal pro Jahr, da die Anfahrt mit dem Moped rd. 5 Stunden in Anspruch nahm.

Meinen Freund, Direktor in meinem indonesischen Unternehmen und gleichzeitig Fahrer befragte ich Tage später einmal, ob wir nicht gemeinsam mit Tamara den Sohn besuchen könnten. Für ihn kein Problem.

Ohne zu sagen, wohin ich wollte, fragte ich dann Tamara, die halbtags bei mir arbeitete, ob sie nicht einmal am kommenden Freitag einen ganzen Tag für uns Zeit hätte. Nach Rücksprache mit ihrem Mann sagte sie zu.

Also machten wir uns auf zum Besuch des Sohnes. Tamara wusste immer noch nichts. Und bis nach Candi Dasa verlor ich auch kein Wort darüber, wo das Ziel des Ausflugs lag. Trotz mehrmaligen Befragens seitens Tamara.

Hätte ich vorher gewusst, was mir blüht, ich hätte es bleiben lassen. Es ging mit dem Auto durch Candi Dasa und dann weiter nördlich. In Abang bogen wir dann links ab Richtung Pipid. Bislang war ja noch alles wunderschön grün. Eben typische balinesische Vegetation. Je näher wir dem Mount Agung kamen, desto trockener wurde es.

Am Ende der Strasse angekommen, mussten wir zu Fuß weiter. Auf einem schmalen, unbefestigten Weg ging es querfeldein. Bergauf, Berg runter. Nun war ich ja immer noch der Meinung, der Sohn wohne in einem Dorf. Nach 1 ½ Stunden Fußmarsch kamen wir dann dort an, was Tamara das Dorf seiner Schwiegereltern nannte. Ganze 3 Familien lebten dort.

Es war furztrocken. Kein grün mehr.. nur noch verbrannte Fläche. Überall lagen riesen Steine herum, die der Mount Agung bei seinem letzten Ausbruch herausgeschleudert hatte. Der Boden war rissig durch die anhaltende Trockenheit.


Direkt neben dem Haus von Tamaras Schwiegereltern befand sich ein Wasserbassin, in dem man während der Regenzeit das Wasser auffing, und was nun ein bis zur nächsten Regenzeit reichen musste. Befördert wurde das Wasser zum Haus über eine Handpumpe und eine Regenrinne. Gegenüber des Hauses befand sich ein Hühnerstall und ein Kuhstall. Es stank bestialisch.

Im Hof rundete ein Hund, der nicht mehr wusste ob er Männchen oder Weibchen war, weil er offenbar an Staupe litt, das Bild ab.

Vor dem Haus saß die Schwiegermutter und schnitt einen Stapel Gemüse von ich heute noch annehme, es handelte sich um Schwarzwurzeln oder etwas ähnliches. Dementsprechend sauber sah auch die Schwiegermutter aus. Der Schwiegervater ? selbst lediglich ein Arbeiterdenkmal darstellend - machte zumindest äußerlich den Eindruck, als wenn er kräftig geholfen hätte. Da mussten wir uns eines Besseren belehren lassen. Wasser war ja knapp.

Die Terrasse des Wohnhauses war fast einen Zentimeter hoch mit Staub bedeckt. Damit wir uns hinsetzen konnten, holte der Herr des Hauses eine alte Wolldecke oder ähnliches. Undefinierbar ! Bei betrachten der Decke entschloss ich mich dann, lieber stehen zu bleiben.

Tamara erklärte mir, dass der Sohn jeden Tag zwei Mal die Strecke zu Fuß zurücklegen musste, um in die nächste Schule zu kommen. Nachdem wir rd. eine Stunde auf den Sohn gewartet hatten, kam er dann vom spielen zurück.

Die Wiedersehenfreude war so groß, dass es mir die Tränen in die Augen trieb. Man konnte praktisch fühlen, wie groß die Liebe zwischen beiden war, und wie die ständige Trennung auch beiden zusetzte.

Leider dauerte die Freude nicht lange. Bereits nach einer Stunde galt es, sich zu verabschieden. Schließlich hatten wir noch einen 1 ½ stündigen Fußmarsch und eine Fahrt von über drei Stunden vor uns. Der Sohnemann begleitete uns noch bis zum Auto. An dem Tag musste er also den Weg 4 mal zurücklegen.

Seit diesem Tag trägt diese Region für mich den Namen ?Death Valley? ? Tal des Todes -. Trotz allem Heimweh nach Bali: wenn ich vor die Wahl gestellt würde: ?Death Valley? oder Deutschland, ich würde Deutschland vorziehen. Armut ist eine Sache. Unsauberkeit eine andere.

Grüße
Gregor
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